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Meines Erachtens läßt sich aber diese Auffassung als einzige auch theoretisch einwandfrei begründen. Eine juristische Person kann nur einem Staate angehören, der sie beherrscht, der rechtliche Macht über sie auszuüben vermag. Die Herrschaft ist zwar nicht das einzige, aber doch eines der wesentlichen Begriffsmerkmale der Staatsangehörigkeit. Ohne Herrschaft über den Untertanen läßt sich keine Staatsangehörigkeit denken, auch keine Staatsangehörigkeit über juristische Personen. Macht über eine juristische Person aber bedeutet, wie die Macht über einen Menschen, Beherrschung nicht ihres juristischen, sondern ihres physischen Seins. Sowenig ein Staat einen Menschen beherrscht, weil er ihn als rechtsfähig anerkennt die Kulturstaaten erkennen ja alle Menschen der Erde als rechtsfähig an, ohne sie darum alle zu beherrschen, sowenig hat auch die Anerkennung der juristischen Persönlichkeit Herrschaft über die juristische Person zur notwendigen Folge. Macht über die juristische Person bedeutet vielmehr Beherrschung der Organisation, die ihr Substrat bildet. Die Organisation aber hat ihren Mittelpunkt dort, wo ihre Verwaltung geführt wird. Dort befindet sich ihr Gehirn, befinden sich die Zentralteile ihres Nervensystems, nur von dort aus läßt sich ihr inneres Leben beeinflussen, ihre Tätigkeit lenken. Wer also faktische Macht über die Verwaltung hat, beherrscht damit faktisch die juristische Person. Und wer das Recht hat, Macht über die Verwaltung zu üben, der beherrscht rechtlich die juristische Person. Rechtliche Macht über die Verwaltung hat nur der Staat des Sitzes. Denn nur ihm steht es, kraft seiner Gebietshoheit, zu, auf diese Verwaltungshandlungen einzuwirken, die sich innerhalb seiner Grenzen abspielen. Darum hat auch nur er rechtliche Macht über die juristische Person.

Dies gilt für juristische Personen. Es gilt auch für nicht rechtsfähige Vereine, soweit hier die Frage der Staatsangehörigkeit von Bedeutung ist (zum Beispiel wenn der Vollstreckungsgegenklage eines nicht rechtsfähigen Vereins der Einwand der mangelnden Prozeßsicherheit entgegengesetzt wird). Es gilt jedoch nicht für offene Handelsgesellschaften. Denn diese haben keine Realität über ihren Mitgliedern. Ihre Staatsangehörigkeit beurteilt sich daher nach der Staatsangehörigkeit der Gesellschafter. Zwei Deutsche also, die sich im Ausland zu einer offenen Handelsgesellschaft zusammengetan haben, sind, wenn sie unter der Gesellschaftsfirma vor deutschen Gerichten klagen, zu einer Prozeßsicherheit nicht verpflichtet. Gehören die Gesellschafter mehreren Staaten an, so ist für die Staatsangehörigkeit der offenen Handelsgesellschaft die Nationalität der Mehrheit der Gesellschafter entscheidend. Besteht eine solche Mehrheit nicht, so hat jeder der Staaten, denen die Gesellschafter angehören, die Gesellschaft als eine ausländische zu behandeln.

Das richterliche Prüfungsrecht im internationalen Staats

recht.

Von Dr. jur. Hubert Kunz, München.

I. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Rechtsnormen durch den Richter faßt als mögliches Ergebnis deren Nichtanwendung wegen Verfassungs- oder sonstiger Gesetzwidrigkeit ins Auge 1).

Was die Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Rechtsgültigkeit der Gesetze anlangt, so wird die Antwort verschieden lauten müssen, je nachdem man auf dem Boden kausalgesetzlicher Rechtsbetrachtung („Das Gesetz ist ein Souveränitätsakt“) oder auf dem Boden normativer Rechtsbetrachtung (Recht ist nur, was sich normlogisch aus Recht ableiten läßt") steht2).

Die Rechtsordnung ist ein logisch geschlossenes Normensystem, innerhalb dessen die einzelne Norm immer nur im Zusammenhang des Rechtssystems betrachtet und gewertet werden darf. Rechtswidrigkeit und Rechtsgültigkeit schließen sich aus; denn entweder ist eine Rechtsnorm rechtsgültig, d. i. anwendbares Recht, was sie nur auf Grund der Rechtsordnung sein kann, oder aber sie ist rechtswidrig und damit rechtsungültig, d. h. überhaupt kein Recht. Wenn rechtswidriges" Recht von der Rechtsordnung für rechtsgültig erklärt wird, so ist es damit nicht mehr „rechtswidrig", weil es eben rechtsordnungsgemäß anwendbares Recht geworden ist. Diese Wirkung vollbringt die Rechtsordnung mit dem Mittel der Rechtskraft. Das Rechtskraftproblem spielt nicht nur im Prozeßrecht, sondern in der gesamten Rechtserkenntnis eine bedeutsame Rolle, als das Problem der rechtswirksamen rechtswidrigen Staatsakte. In Konsequenz der Rechtskraft des Rechtmäßigen erfüllt sich auch wenn man hier überhaupt von Wunder sprechen darf das Mysterium der Rechtskraft des rechtswidrigen Staatsaktes 3).

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Die Normen über das richterliche Prüfungsrecht sind Normen zur Abgrenzung der richterlichen Tätigkeit. Aber sie sind nicht reine Kompetenzabgrenzungsnormen zur Bestimmung der staatsrechtlichen Stellung des Richters,

1) Ueber den Umfang des Prüfungsrechtes siehe Friedrich Schack: Die Prüfung der Rechtmäßigkeit von Gesetz und Verordnung unter besonderer Berücksichtigung Preußens und des Deutschen Reiches, Berlin 1918; Arndt im Recht 1920, Sp. 105 ff., 195 ff.; W. Jellinek in DJZ. 1921, Sp. 753 f., Triepel im Arch.öff.R. 39, 534 ff.; Bühler in DJZ. 1921, Sp. 580 f.; Fleischmann im Handbuch der Politik I (1920), S. 228.

2) Vgl. über diese Unterscheidung Kelsen, Die Rechtswissenschaft als Norm- oder als Kulturwissenschaft, eine methodenkritische Untersuchung, in Schmollers Jahrb. 40 (1916), S. 1182; ferner zur normativen Rechtsbetrachtung Kelsen. Hauptprobleme der Staatsrechtslehre (1911); derselbe, Das Problem der Souveränität und die Theorie des Völkerrechts (1920); derselbe, Der soziologische und der juristische Staatsbegriff (1922); Nawiasky, Der Bundesstaat als Rechtsbegriff (1920); Sander, Alte und neue Staatsrechtslehre, in Ztschr. f. d. öff. Recht II (1921), S. 176 ff.

3) Merkl, Zum Problem der Rechtskraft in Justiz und Verwaltung, in Ztschr. f. öff. R. I (1919/20), S. 456 ff., insbes. S. 465 ff.

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vielmehr kommt ihnen eine formelle Rechtskraftwirkung zu. Es wird das anzuwendende Recht selbst beeinflußt, indem es kraft dieser Rechtskraftwirkung unter Umständen als rechtsbeständig zu gelten hat, wie z. B. früher gesetzwidrige königliche Verordnungen in Preußen auf Grund des Art. 106 der Pr. Verf.-Urk. von 1850. Rechtswidriges Recht ist eine contradictio in adiecto. Soweit rechtswidriges" Recht rechtsverbindlich ist, weil es unüberprüfbar ist, ist es eben rechtsgültiges und nicht mehr rechtswidriges Recht. Die Normen über das richterliche Prüfungsrecht sind somit zugleich Normen des Gesetzgebungsverfahrens.

II. 1. Wenn § 293 RZPO. für den Nachweis der Existenz des in einem anderen Staate geltenden Rechtes, auf das die eigene Rechtsordnung verweist, Beweisregelungsvorschriften gibt, wenn die Artt. 7, 11, 17 usw. EG.z.BGB. auf ausländisches Recht verweisen, so muß zunächst gefragt werden: Wann liegt ausländisches Recht vor? Welche Normen entscheiden darüber, die der inländischen verweisenden Rechtsordnung oder die Normen der Rechtsordnung, deren Teile durch die Verweisung Bestandteil des inländischen Rechtes geworden sind?

Ueber die Gültigkeit und damit voraussetzungsgemäß über die Rechtsverbindlichkeit einer Norm entscheiden allgemein die Gültigkeitsnormen, wie sie Giesker-Zeller 4) nennt, das sind die gesamten Normen, die uns sagen, wann ein Rechtssatz überhaupt Rechtssatz ist, wann er Existenz erlangt hat; sie regeln das Sein und Nichtsein der Rechtsanordnungen, ihr Inkrafttreten und Erlöschen, Verbindlichkeit und Geltung. Diese Normen über das Zustandekommen der Gesetze sind nach der wissenschaftlichen Klassifizierung staatsrechtliche Normen. Soweit nun diese Normen einer fremden Rechtsordnung kraft der Grenznormen der verweisenden Rechtsordnung für diese Bedeutung erlangen, haben wir es mit internationalem Staatsrecht zu tun.

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Jegliche Anwendung ausländischen Rechtes hat die Beachtung derartiger international - staatsrechtlicher Grenznormen zur Voraussetzung. Dadurch nämlich, daß die inländische Rechtsordnung auf Teile des in einem anderen Staate geltenden Rechtes verweist denn das ist doch der Sinn der Verweisung auf ausländisches Recht" - verweist sie zugleich auf die diese Geltung bestimmenden Geltungskraftnormen der ausländischen Rechtsordnung. In jeder international-prozeßrechtlichen, -verwaltungsrechtlichen, -privatrechtlichen Kollisionsnorm steckt somit zugleich eine international-staatsrechtliche Grenznorm, da ja alle diese Kollisionsnormen geltendes ausländisches Recht voraussetzen, nur geltendes ausländisches Recht kraft der Verweisung Anwendung finden kann.

So sagt

Diese Auffassung ist die in der Literatur herrschende. Marinoni3): „Der Genauigkeit wegen muß bemerkt werden, daß durch die 4) Die Rechtsanwendbarkeitsnormen, 1914, Beiheft zur Rhein. Ztschr. f. Zivil- u. Prozeßrecht VI 3, S. 11.

5) Della condizione giuridica della società commerciali straniere secondo gli art. 230–233 Cod. di Comm. Roma 1914, S. 74, Anm. 1.

Verweisung auf ein ausländisches Gesetz zugleich implizite verwiesen wird auf die ausländischen Normen, welche in der ausländischen Rechtsordnung dessen Gültigkeit bestimmen. Wenn also verwiesen wird auf eine gegebene Norm des gegebenen Staates, so wird man, um deren Existenz festzustellen, auf diejenigen Normen dieses selben Staates zurückgehen müssen, von denen sie ihre juristische Gültigkeit herleitet. Jene Normen werden so schließlich relevant auch für unsere Rechtsordnung, sie erlangen Gültigkeit als fremde Normen auch für unser Recht."

Hierher gehören außer den gewöhnlichen Normen der Verfassungen über den Weg der Gesetzgebung z. B. die für das englische Recht bedeutungsvollen Normen, die die Unterscheidung von common law und equity-Recht tragen, und die kraft der in der privatrechtlichen usw. Kollisionsnorm enthaltenen Grenznorm für den deutschen Richter maßgebend werden 6).

Das gleiche gilt von den Rechtssätzen einer fremden Rechtsordnung, die die Geltung des Gewohnheitsrechtes normieren 7).

Von besonderer Bedeutung werden die Geltungskraftnormen auch bei Annexion eines fremden Territoriums, d. i. juristisch: bei Einordnung einer

6) Vgl. über die Tragweite und Bedeutung dieser Normen GieskerZeller a. a. O., S. 42, und Heymann, Trustee and Trustee - Company im deutschen Rechtsverkehr, in der Festschrift für Heinrich Brunner, Weimar 1910, S. 493 ff. Heymann hebt mit Recht hervor, daß die Anwendung ausländischer Rechtsinstitute, die unserer eigenen Rechtsordnung wenigstens in dieser Form fremd siad, oft erhebliche Schwierigkeiten macht, gleichwohl aber nicht an deutschen abweichenden Rechtsnormen scheitern darf, da kraft der Verweisung der Kollisionsnorm dieses ausländische Recht anzuwendendes Recht ist. Man muß eben in diesem Fall das fremde Rechtsinstitut, das nicht begrifflich, aber inhaltlich von dem entsprechenden deutschen Rechtsinstitut abweicht, um es überhaupt anwenden zu können, modifizieren und es dem entsprechenden heimischen Rechtsinstitut anpassen. Common law und equityRecht als Ausfluß zweier verschiedener Rechtsquellen sind je nach ihren immanenten Prinzipien gesondert zu betrachten; dann allerdings muß auch dieser Dualismus der englischen Rechtsordnung auf die für eine Rechtsordnung unerläßliche Einheit zurückgeführt werden. Ob ein Tatbestand nach common law oder nach equity - Recht zu beurteilen ist, bestimmen Geltungsgebietsnormen des englischen Rechtes, die in dieser Eigenschaft maßgeblich werden für die auf englisches Recht verweisende deutsche Rechtsordnung. Heymann ist der Ansicht, daß das grundlegende System das der Common law ist, während das equity-Recht bei aller seiner Fortschrittlichkeit nur ergänzenden, sekundären, korrigierenden Charakter hat, obwohl bestimmt ist, daß bei Unvereinbarkeit der Sätze der common law und der equity die letztere vorgeht. Alle diese Untersuchungen sind im einzelnen Falle notwendig, um das geltende englische Recht norminhaltsgemäß anzuwenden.

7) Diesen Grundsatz wendet z. B. analog auch der bayrische Verwaltungsgerichtshof in München in seiner Entscheidung Sammlung Bd. XV, S. 235 an, wenn ausgeführt wird, daß über das Bestehen oder Nichtbestehen eines örtlichen Gewohnheitsrechtes im Pfarrbezirk Rattenkirchen, Bezirksamt Mühldorf, entscheidend ist, ob in dem in Betracht kommenden örtlichen Bezirk die für die Geltung von Gewohnheitsrecht rechtsordnungsgemäßen Voraussetungen gegeben sind oder nicht.

bisher fremden Rechtsordnung in ein Verhältnis der Unterordnung zu einer bestimmten Rechtsordnung durch Verweisung. Solange diese letztere Rechtsordnung norminhaltlich die bisherige einzuordnende Rechtsordnung anerkennt, bleiben auch die staatsrechtlichen Gültigkeitsnormen, die die Rechtsverbindlichkeit einer Norm betreffen, in Kraft. Es haben daher Gesetzesakte der eingeordneten Rechtsordnung durch diese Anerkennung (Verweisung) auch für die neue (annektierende) Rechtsordnung Gesetzeskraft auch weiterhin, sei es in eigener Zuständigkeit des annektierten Gebietes (bundesstaatliche Verfassung) oder kraft der Verweisung ausschließlich als Recht der übergeordneten Ordnung (Provinzverfassung). Zutreffend entscheidet in diesem Sinne das Tribunal civil d'Annecy in einem Erkenntnis vom 13. Mai 1903 8).

Diese Feststellung der Geltung des ausländischen Rechtes kann ferner zur Anerkennung der ausländischen Gerichtsverfassung (als eines Teiles des Verfassungsrechtes) führen, wenn diese für das Zustandekommen von Rechtsnormen relevant ist. So ergibt sich nach dem englischen Recht 9), daß die Entscheidungen des im Instanzenzug übergeordneten Gerichts (precedents) für das untergeordnete Gericht stets bindend sind. Aus dieser nur relativen Verbindlichkeit des Spruchrechtes entspringt, wie Gerland 10) zutreffend hervorhebt, die für die internationale Rechtspflege äußerst wichtige komplizierte Frage, ob und inwieweit eine nicht von der höchsten Instanz (House of Lords) ausgesprochene und deshalb nicht für alle englischen Gerichte verbindliche Entscheidung überhaupt eine auch im Ausland beachtliche Rechtsnorm darstellt. Diese Frage ist nach Korsch grundsätzlich bejahend zu beantworten: Urteile irgend eines höheren Gerichts, die nicht durch abweichende 8) Journal du droit international privé et de la jurisprudence comparée (Ed. Clunet), XXX 821. Savoyen war 1859 durch Frankreich annektiert worden. Am 1. 7. 1901 wurde in Frankreich ein Vereinsgesetz erlassen, dessen Art. 13 bestimmt: „Keine religiöse Vereinigung darf ohne Zustimmung eines Gesetzes gebildet werden, welches die Bedingungen ihrer Tätigkeit bestimmt". Weiter wurde angeordnet, daß diejenigen religiösen Vereinigungen, die ohne gesetzliche Ermächtigung bestehen und nicht nachträglich in dieser Form bestätigt werden, für aufgelöst erklärt werden. Es handelte sich nun in unserem Falle darum, ob die am 29. 9. 1838 durch den damaligen König Karl Albert von Savoyen der Missionskongregation des heiligen Franz von Sales in Gesetzesform (nämlich durch lettres patentes) verliehene Rechtsfähigkeit nach der Annexion als Gesetzesakt auch weiterhin zu gelten habe, oder bloß mehr als Verwaltungsakt zu werten sei. Das Gericht bejahte infolge der eigenstaatlichen Anerkennung aller Rechtsakte, die durch die Rechtsordnung von Savoyen bis zur Annexion gesetzt worden waren, die Gesetzeskraft der lettres patentes. Das Gericht ging von der richtigen Vorstellung aus, daß durch die französische Rechtsordnung mit der Verweisung auf die Rechtsordnung von Savoyen auch zugleich verwiesen war auf die Normen über das Zustandekommen und die Geltungskraft der Rechtsanordnungen.

9) Siehe hierzu Korsch, Beiträge zur Kenntnis und zum Verständnis des englischen Rechtes, in Niemeyers Ztschr. XXIV 292 f. ›

10) Die Einwirkung des Richters auf die Rechtsentwicklung in England, 1910, S. 24, Anm. 29, von Korsch a. a. O. zitiert..

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